Kolpingsfamilie

Verbandsgeschichte Teil4

Kolping

1933 bis 1945

Der Nationalsozialismus


GP Theodor Hürth




Kolpingsblatt 1936


    
Haus des Gesellenvereins
 

1933 – 1945 Nationalsozialismus

Nachdem Hitler am 30. Januar 1933 Reichskanzler wurde, zeigte sich auf brutalste Weise der Totalitätsanspruch der Nazis. Das im Juni abgeschlossene Reichskonkordat bot nicht den erwarteten Schutz. Die gewaltsame Beendigung des deutschen Gesellentages in München im Juni 1933 machte dies allzu deutlich. Angesichts dieser bedrohlichen Entwicklungen entschloss sich die deutsche Zentralversammlung im September 1933 zu radikalen Schritten: Neben dem bisherigen Gesellenverein mit seinen ledigen Handwerkergesellen trat die „Gruppe Altkolping“.

Dort erhielten die "Ehemaligen“ die vollberechtigte Mitgliedschaft. Beide Gruppen fanden sich zusammen unter dem Dach der Kolpingsfamilie. Darüber hinaus wurde die zentrale Mitgliedererfassung im Generalsekretariat in Köln mit dem sog. „Stammbuch“ eingeführt, ebenso der Kolpinggedenktag. Mit diesen Maßnahmen sollte das Überleben des Verbandes sichergestellt werden, gerade im Hinblick auf das staatliche Doppelmitgliedschaftsverbot.

Alle Bemühungen der Verbandsleitungen, einen „Modus vivendi“ mit den Machthabern zu finden, scheiterten. Die Arbeit des Verbandes wurde zunehmend gehindert: Kolpingsfamilien oder ganze Diözesanverbände wurden aufgelöst, das Vereinsvermögen beschlagnahmt, der Zugang von Neumitgliedern erschwert und Veröffentlichung behindert oder ganz unterbunden. Alle berufsbezogenen und sozialen Verbandsaktivitäten, z.B. die Fachabteilungen, die Wanderunterstützung und die Krankenkasse wurden eingestellt.

Der Verband wurde zurückgestutzt auf eine rein „innerkirchliche“ Organisation. Nichts durfte an die Zeiten eines „Standesvereins“ erinnern, selbst nicht die einschlägigen Begrifflichkeiten. Der ehemalige Gesellenverein wurde 1935 umbenannt in „Gruppe Kolping“, der deutsche Zentralverband in „Deutsche Kolpingsfamilie“ und der Gesamtverband in „Kolpingwerk“. In dieser schweren Zeit wurde die Verehrung Adolph Kolpings zu einem verbindenden Element. Damit gingen intensive Bemühungen um die Seligsprechung des Gesellenvaters einher.

Nach Kriegsausbruch 1939 kam die Verbandsarbeit weitestgehend zum Erliegen. 1943 wurden die Minoritenkirche und das Generalsekretariat durch Fliegerangriffe schwer getroffen. 1944 starb Generalpräses Theodor Hürth bei einem Bombenangriff im Kölner Kolpinghaus. Dem NS-Terror fielen in den Kriegsjahren zahlreiche Präsides, Leitungskräfte und Mitglieder zum Opfer.

Der Expansionsdrang der Nazis und der 2. Weltkrieg hatten auch massive Auswirkungen auf das Kolpingwerk außerhalb Deutschlands. Das Kolpingwerk in Österreich kam mit dem deutschen Einmarsch 1938 praktisch zum Erliegen. Die Zentralverbände Holland und Belgien fielen der deutschen Besatzung 1940 zum Opfer. In den Niederlanden konnte erst nach vielen Jahrzehnten ein Neuanfang in sehr engem Rahmen gewagt werden. Blühende Zentralverbände im osteuropäischen Raum, z. B. Ungarn, Tschechoslowakei und Rumänien gingen nach der kommunistischen Machtergreifung unter. Dies galt ebenso für das reich entfaltete Verbandsleben in den ehemaligen deutschen Ostgebieten. Nur in der DDR konnte sich das Kolpingwerk halten, wenn auch mit sehr eingeschränkten Wirkmöglichkeiten.